Prolog

Als psychische und intelligente Wesen haben wir die seltsame Neigung, in der ''Unzeit'' zu leben. Präsens, Präteritum und Futur – distinkte Ordnungskategorien in unserer sprachlichen Kommunikation – bilden im Medium unserer Empfindungen und Denkbewegungen Netzstrukturen, die nicht diachronisch, sondern synchronisch geknüpft sind, nicht von Anschlüssen, sondern von Überlagerungen dominiert werden. Eben diese Vagabondage zwischen ''Zeit'' und ''Unzeit'', Beharren und Verflüchtigung ist es wohl, die Augustinus bewogen hat, der Gegenwart eine spirituell begründete Priorität zuordnen: Alles Vergangene, Gegenwärtige und Zukünftige spricht von der (All-)Gegenwart Gottes, jeder physische Augen-Blick verknüpft unser inneres Auge mit der Ewigkeit.1

1 Georg Christoph Tholen: Die Zäsuren der Medien. Kulturphilosophische Konturen. Frankfurt/Main 2002, S. 133